Ein ganz spezielles Konzert

New Model Army legen ihre eigene Messlatte immer höher

Konzertbericht: New Model Army - Köln, Palladium, 20.12.2014

Allen war vorher schon klar: ein Weihnachtskonzert mit den Levellers als Vorband und mit Ed Alleyne-Johnson und Tobias Unterberg als Gastmusiker noch zu toppen wird schwer. Aber was soll ich sagen: es ist gelungen, es war wirklich der Wahnsinn. Schon in der Vorankündigung hieß es, dass es besondere Gäste geben würde und dass das Set in zwei Teile geteilt sein würde.

Die Kommentare auf dem Noticeboard und auf Facebook waren nahezu euphorisch, die Bilder ein Traum. So viel dazu, wie man Erwartungen weckt und Messlatten hochlegt...

Köln hatte dieses Mal als Vorband Hugh Cornwell, ehemaliger Sänger und Gründungsmitglied der Stranglers. Auf der Bühne gemeinsam mit einer Bassistin und einem Drummer. Start um Punkt 19:00 h, gespielt hat er etwa eine Stunde, 13 Songs. Danach durfte er noch eine Zugabe spielen, 3 weitere Songs bis 20:15 h. Das erste hab ich leider nicht erkannt (genauso wie ca. 10 andere, aber hier hab ich es auch nicht geschafft, irgendeinen Textfetzen mit zu schreiben, der beim identifizieren helfen könnte. Ich muss daher also leider passen). Das nächste kannte ich, Skin Deep (the Stranglers). Danach Stuck in daily mail land. Beim nächsten muss ich wieder passen, danach weiter mit I want one of those, gefolgt von Duchess und Beat of my heart. Das nächste kannte ich wieder: Strange little girl (the Stranglers), gefolgt von God is a woman und Peaches (the Stranglers). Das nächste wiederholte immer wieder "it's only a phase", zumindest hab ich das verstanden. Das zugehörige Lied kann ich nicht herausfinden, wer's weiß, melden. Gilt auch für die anderen Lücken in dieser Setlist. Mit (get a) grip (on yourself) (the Stranglers) ging's weiter und im letzten war er "sick of Carol" (oder war die Carroll street damit gemeint?). Die Zugaben hab ich wie gesagt nicht mehr in der Halle verbracht, weil ich einfach nicht damit gerechnet hab, dass er nochmal auftaucht. In Summe war's nicht schlecht, aber diesen Kultstatus, den einige meiner Begleiter ihm zuschreiben, hab ich irgendwie nicht wahrgenommen, kann aber auch daran liegen, dass ich mir nie sehr viel aus den Stranglers gemacht habe. War deutlich besser als die sich gemeinsam geteilte Vorband vom letzten Jahr, so viel ist klar, näheres Reinhören wird es für mich in diesem Fall aber nicht geben.

Dann war Umbaupause, obwohl schon vorher vielversprechend viele Drums auf der Bühne herumstanden, ebenso eine Harfe. Ja, Ihr habt richtig gelesen, eine Harfe. Wir waren gespannt. Die Herren der starteten um 20:45 h in erstmal normaler Besetzung (Justin Sullivan, Michael Dean an einem Berg von einem Schlagzeug, Dean White am Keyboard, Ceri Monger am Bass und Marshall Gill an der Gitarre) mit Guessing von der neuen Platte Between Wine and Blood. Danach Rumour and Rapture und Christian Militia, das ging ja schon mal gut los. Sie hätten im Palladium schon so manches Jubiläum gefeiert, meinte Justin vor dem nächsten song. Dieser Song hätte auch ein Jubiläum: 1984.

Sie wären viel gereist, unter anderen seien sie in Südafrika gewesen und hätten diesen Song mitgebracht, war die Ankündigung zum nächsten Stück: Red earth, schon mal sehr gelungener Vorgeschmack darauf, was uns im Laufe des Sets noch mit den ganzen Drums auf der Bühne erwarten würde. Es ging laut und schnell weiter mit Stormclouds und No rest. Danach Justin, akustische Gitarre, einfaches, weißes Licht: Knievel. Beim nächsten Stück gab es die erste Änderung zur Setlist in Nottingham, The Hunt (statt Waiting) - ich fand's besser. Das erste Teilstück des Konzerts beschlossen Family und Between Dog and Wolf (21:35 h). Dann war Pause. Ich war am Wochenende vor diesem im Kino und hab den dritten Teil des Hobbits angeguckt. Mit Pause. Die sehr, sehr überflüssig war. Genauso wie die Pause in diesem Konzert. So richtig weg um die Versprengten zu suchen konnte man nicht, dann wäre zum einen der Platz weg gewesen, außerdem hätte das Suchen in dem Gewühl vermutlich viel zu lange gedauert. Also stand man rum und wartete. Und war außerdem rausgerissen aus der Stimmung. Irgendwie blöd. Aber verständlich, weil sie nach einer Viertelstunde wieder angerückt sind aber mit diversen anderen Musikern im Schlepptau und um die neuen Instrumente alle zu platzieren und zu stimmen das dauert natürlich. Na gut, hatte mehr Sinn als die Pause im Film ;-). Und das Wieder-Reinkommen-in-den-New-Model-Army-Weihnachtskonzert-Himmel hat mit dem Start des zweiten Teils des Abends ungefähr 10 Sekunden gedauert.. Denn es ging um 21:50 h weiter mit - Ballad! Und zwar Justin mit akustischer Gitarre, Gastmusiker Nr. eins, Tobias Unterberg, am Cello und Gastmusikerin Nr. 2, Shir Ran Yinon an der Geige. Wow, Gänsehaut. Die Halle war ruhig, alle waren hin und weg. Danach ähnlich leise weiter mit Someone like Jesus. Das nächste wurde dann mit voller Besetzung bestückt: Into the wind (naja ;-) ). "Die volle Besetzung" meint hier nicht nur die Band, sondern neben den beiden bereits Genannten (die aktuell gemeinsam im Projekt Ensemble Melancholia spielen) noch Andy Woodard, der die zusätzlichen Percussions bediente und Tom Monger an der Harfe (spielt sonst bei Florence & The Machine)..

Die eigentlich erwarteten Mark Feldham und Ed Alleyne-Johnson waren nicht mitgekommen aufs Festland, hatten nur in Nottingham und London unterstützt. Na gut, Shir Ran war definitiv hübscher als Ed und das Kleid hätte ihm auch nicht so gut gestanden ;-). Wer immer den Namen des Harfinisten weiß, melde sich bitte, er war großartig! Weiter ging es mit Orange tree roads und dem March in September. Danach kamen die Trommeln: Devil's Bargain mit gleich drei Leuten an den Drums, Andy, Ceri und Michael. Wahnsinn!! Wurde aber noch besser, sei schon hier verraten. Justin philosophierte ein bisschen, dass das folgende Lied ja schon alt sei, zu einer Zeit, als sie selber noch jung waren, jetzt seien viele von uns schon selber Eltern und er hofft nicht, dass die heutigen jungen Leute so denken über ihre Elterngeneration: a liberal education. Danach wurde es wieder trommellastig (Michael, Andy, Ceri) mit No mirror, no shadow. Ich muss sagen, ich mag das Lied. Ich mag von der Platte eigentlich nicht so viel, aber dieser Song gehört definitiv dazu und live mit einer solchen Trommelstärke sehr beeindruckend. Wir blieben bei der High mit One of the chosen. Nicht sooo gut, aber trotzdem noch besser als into the wind ;-). Sorry, das Lied - zumindest der Chorus - ist live schon ziemlich gut. Justin erzählte dann, dass es um diese Zeit des Jahres ja immer irgendwie um Familie geht und man froh sein kann, wenn man eine hat, dass es aber durchaus eben auch anders sein kann: Family life (nur Justin). Danach das geniale No pain gefolgt von Angry Planet. Das nächste Lied war Purity, es fing an, es hörte sich komisch an in der Streichersektion, es hörte wieder auf: Saite gerissen (gesehen hab ich's eher weniger, Palladium halt, aber irgendwas ist kaputt gegangen, kann auch Marshalls Gitarre gewesen sein, denn der turnte irgendwo rum und kam dann wieder. Für mich hörte es sich aber eher nach schräger Geige an als nach schräger Gitarre). Neuer Versuch. Purity. Dann ist das Gehopse aus dem Schubskreis auch bei mir angekommen, denn es kam Poison Street! Den Abschluss des Hauptsets machte Wonderful way to go. 23:13 h. Sehr sehr gut!

Das erste Zugabenset startete wieder mit einem absoluten Gänsehautmoment: Shir Ran und Justin, Geige und Akustikgitarre, alleine auf der Bühne einander gegenüber, rotes Licht, Vagabonds. Soooooo schön. Die Band stieg später mit ein und es gab sage und schreibe 6 Drummer: Tom, Ceri, Andy, Tobias und natürlich Michael, der noch unterstützt wurde von Marshall (den ich offen gesagt auf der Bühne gar nicht gesehen hatte, stand wohl in einem ungünstigen Winkel). Super gemischt, nicht zu laut, aber deutlich zu hören, ein sehr, sehr besonderer Moment. Dieses Lied ist einfach großartig (wenn Marshall es nicht am Ende abwürgt - was er dieses Mal ja nicht musste bzw. konnte, weil er trommeln durfte ;-)). Danach hatten sie Lust ein Cover zu spielen: The Kinks - Til the end of the day. Dafür holten sie Hugh Cornwell nochmal auf die Bühne, wohl als Ersatz für Ray Davis, der, wie Justin erzählte, immer mal versprochen hat, die Band bei diesem Song zu unterstützen, wenn sie denn in London spielen, es aber nie gemacht hat. Zum Schluss des ersten Zugabensets noch 225, auch in einer wunderschönen Version, die lyrics aber wieder zurück geändert aufs Original (TV) und nicht in der Variante aus Oktober (PC) - Erwähnung deshalb, weil ich vorher noch mit ein paar Leuten gesprochen hatte, die meinten, Justin hätte bei Between dog and wolf "dog and wolf" ausgetauscht und geändert in "death and war" (ich hab's nicht mitbekommen) und wir über die nächsten Textänderungen philosophiert haben (PC statt TV und Zeros statt Nineties). 23:30 h.

Dann Gänsehautmoment Nr. 3 mit Justin und Harfe und Streichern und Before I get old, sehr, sehr schön. Davor meinte Justin noch "the problem with getting old is... getting old". Auf den Punkt gebracht. Schräg vor mir stand übrigens jemand (ok, es war in Amsterdam und nicht in Köln, passt aber grade so schön), der ein T-Shirt an hatte auf dem stand "old is the new young". Genau.

Weiter mit Get me out und natürlich unser aller Weihnachtshymne Green and Grey, inklusive Türmchen (einem oder zwei, die Türmchenbauer hatten wohl dieses Jahr beschlossen, Köln auszulassen - denn in Amsterdam waren dann alle wohlbehalten dabei) und grünem Licht. Um 23:50 h war es dann leider wirklich vorbei und es war wirklich sehr, sehr schön und hat tatsächlich das Konzert vom letzten Jahr nochmal toppen können (wenn auch die Vorband das nicht geschafft hat). Was sagte Justin? "Next year we'll do.... something". Dessen bin ich sicher. Ich bin nur gespannt was ;-).

Anm.: „Danke an Anja (www.bat-cave.de) für diesen tollen Bericht und danke an Jochen (www.jochen-melchior.com) für die grandiosen Fotos.“

Autor: Anja Tewes

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