Nick, Paul, Tony (Landmines) - 11.10.2009

Im Rahmen ihres Gigs im FZW hatte ich die Möglichkeit mit Paul und Nick von zu quatschen. Ergänzt wurden wir von Gitarrist Tony und Labelchef Gunnar, was zu einer sehr interessanten Gesprächsrunde über die Aufnahmen zur Platte, die Schwierigkeiten einen Drummer zu finden, die Einflüsse auf die Lyrics und das Touren in Europa führte.

Jöran: Zunächst wäre es nett, wenn ihr mir ein Bisschen über die Geschichte der Band erzählen würdet, also, wo ihr herkommt, wie ihr die Landmines gestartet habt...

Nick: Ok. WIr haben 2005 in Richmond angefangen. Damals waren es eigentlich Tony, ich und unser alter Drummer, die entschieden haben Musik zu machen. Wir haben dann so 4-5 Songs entwickelt bis Paul dazu kam und entschied ein paar Texte beizusteuern.

Tony: Was sehr gut funktioniert hat...

Nick: Seitdem haben wir ein paar Drummer verbraucht... Ich weiß nicht woran das liegt.

Paul: Das ist ein wenig wie bei Spinal Tap, im Film, wo die Drummer alle sterben. Allerdings bekommen wir sie nicht dazu zu sterben.

Nick: Ja, also seitdem haben wir unsere erste Demo-EP auf Pop Faction Records aus Richmond rausgebracht, kurz danach haben wir mit Brian McTernan in Baltimore aufgenommen. Nach den Aufnahmen wurden wir von Paper & Plastic gesigned und haben eine LP rausgebracht und bringen bald unsere EP raus. Das wird ein Double-7''-EP, die auch digital rauskommen wird. Und die kommt auch bei Gunner Records hier ind Deutschland raus, allerdings zusammen mit der LP.

Jöran: Ihr musstet eure Drummer ja häufiger ersetzen. Warum hat euch euer letzter denn verlassen?

Nick: Oh, der letzte. Hm, der letzte war ja wirklich nur kurz dabei, für ein paar Wochen.

Paul: Im Grunde hat er nur 2 mal mit uns getourt. Eine 6 Wochen Tour und eine 2 1/2 Wochen Tour. Jason war ja der letzte offizielle Drummer, den wir hatten. In der Zwischenzeit, bis zu den Aufnahmen mit Michael McDermott und der Aufnahme von Jamie, war er dabei.

Nick: Und was ist mit Marc Shaw?

Paul: Ach ja, Marc Shaw war ja auch dabei.

Nick: Mit Jason hat es leider musikalisch nicht geklappt. Er ist ein großartiger Typ, mit dem wir viel Spaß auf Tour hatten, aber es hat musikalisch nicht gepasst. Dann hatten wir noch Marc Shaw aus Texas. Er kam immer zum Proben eingeflogen und wir haben zum Beispiel die Less Than Jake Tour oder The Fest in Gainesville mit ihm gespielt. Aber er hatte ein paar persönliche Dinge weswegen er in Texas bleiiben musste. Er wollte eigentlich nach Richmond kommen, aber das hat deswegen nicht geklappt. Daher haben wir die gesamte EP im Grunde ohne Drummer geschrieben. Wir haben ehrlich gesagt einen Computer für die Demos benutzt. Im Studio hat uns dann Matt McDermott von den Bouncing Souls unterstützt.

Jöran: War er denn auch in die Entwicklung der Songs involviert?

Paul: Ja, er hatte sich unsere, natürlicherweise, limitierten Drum-Parts, es ist ja keiner von uns Drummer, angehört und kam dann für drei Tage, an denen wir uns die ganze Zeit im Studio eingeschlossen haben und die Stücke immer und immer wieder geübt haben. Er hat im Grunde seinen eigenen Flair in die Songs gebracht und uns geholfen sie weiter zu entwickeln und tighter zu bekommen.

Jöran: Also seid ihr zufrieden mit dem was dabei rausgekommen ist.

Nick: Ja, sehr.

Paul: Ja, absolut. Vor allem wenn man mal die Hindernisse bedenkt, die wir hatten um das Album aufzunehmen, hat es uns zu besseren Songwritern gemacht. Als wir dann endlich im Studio waren, waren wir viel besser vorbereitet welchen Sound wir eigentlich haben wollten und mussten dementsprechend weniger tun.

Tony: Und wir haben mit einem unglaublichen Produzenten zusammen gearbeitet.

Paul: Absolut. Unsere ersten Aufnahmearbeiten waren nicht so gut vorbereitet. Wir wollten die Songs auf eine gewisse Weise haben und haben dann festgestellt, dass wir die Songs im Studio umschreiben mussten. Dieses Mal haben wir soviel Zeit dafür aufgewendet die Songs für uns zu schreiben, danach haben wir eine Menge mit Michael an ihnen gearbeitet. Als wir dann ins Studio gingen war es so, dass wir die Tracks eigentlich nur noch von Anfang bis Ende durchspielen und aufnehmen mussten. Wir wussten eben genau, was wir wollten.

Jöran: Denkt ihr, dass ihr euren Sound auch ein wenig verändert habt?

Nick: Ja.

Paul: Ja, vielleicht ein bisschen. Es ist ein wenig verändert.

Nick: Ich denke... Bei den ersten Aufnahmen half uns Brian McTernan dabei unsere Songs zu produzieren, zu überarbeiten und umzuschreiben, wie wir es wollten. Wir hatten 15 Songs und kamen mit 12 Songs aus dem Studio. Von diesen 12 Songs hat er glaube ich fast 75% umgeschrieben. Mit dieser Anleitung, die wir angenommen haben und davon wir gelernt haben, sind wir dann mit Matt Allison ins Studio gegangen für die EP. Da hatten wir wesentlich besser verstanden, wie der Studio-Prozess abläuft, also haben wir wesentlich mehr schon zu Hause vorbereitet. Man muss ja auch für die Studiozeit bezahlen. Daher haben wir versucht die Songs soweit im Proberaum vorzubereiten wie möglich und im Studio nur noch aufzunehmen. Aber natürlich ist der Sound ganz anders, wenn Du Songs ohne einen Drummer schreibst. Ganz besonders, da unser alter Drummer Joey sehr viel mit uns an den Songs geschrieben hat und daher einen großen Anteil an ihnen hatte. Ohne ihn mussten unsere Songs also anders klingen.

Jöran: Die EP wird in Deutschland ja mit der LP released. Wie kommt das? Oder ist das eher Labelbusiness?

Nick: Ja, möchtest Du da vielleicht was zu sagen Gunnar?

Gunnar: Hm, das Album war ja in den Staaten schon längere Zeit draußen und viele Leute hatten es schon. Daher wollten wir beim Europ-Release etwas besonderes hinzu tun. Ein paar Songs dazu, damit es etwas anderes ist als der US-Release, um den Leuten einen kleinen Bonus zu geben.

Nick: Ja, und außerdem wollten wir beide zum selben Zeitpunkt verfügbar machen. Das hätte sonst ja geheißen, 2 Platten pressen zu lassen.

Jöran: Wie seid ihr überhaupt mit Gunnar in Kontakt gekommen?

Nick: Ich denke, das war Tony...

Tony: Ich habe einen Kommantar auf seinem Myspace geschrieben, in dem stand: "Hey, willst Du uns nicht nach Europa bringen?" (Lachen). Aber glücklicherweise hat er dann unsere Musik gehörte und mochte es genug, um zu antworten. Daraus entstand dann ein reger E-Mail-Verkehr, bis wir alles in trockenen Tüchern hatten.

Paul: Jaja, bis wir uns ein Telefonat leisten konnten. (Lachen)

Jöran: Wenn ich mir eure Lyrics anhöre, finde ich die immer sehr kritisch. Gerade auch mit Blick auf die Gesellschaft. Wie kommt das?

Paul: Ähm, das ist interessant. Ich finde die Lyrics mehr persönlich gerichtet. Natürlich hat jeder seine Frustrationen und es ist ein guter Weg, diese raus zu bekommen. Wenn Du über deine Arbeit frustriert bist, oder auch Frustrationen über... hm, naja, da sind einige Songs auf der LP über aktuelle Geschehnisse, den Krieg zum Beispiel. Ich hatte auch große Probleme mit organisierter Religion, da ich aus einem sehr strengen katholischen Umfeld komme, was ich immer ablehnte. Da gibt es auch ein paar Songs drüber. Es gibt viele Songs über das was wir in unserem Leben erlebt haben. Tony und ich kommen eigentlich aus Boston und sind mit unseren Familien und eigentlich unserem ganzen Leben nach Richmond gezogen um Musik zu machen. Da sind ein paar Songs drüber, also das Verlassen von Freunden und Familie. Und auch wie sich Freunde verändern, wenn man dann zurück kommt, weil sie sich zum Beispiel zurückgelassen fühlen. Ich finde, es ist ein sehr weites Spektrum und daher würde ich nicht unbedingt sagen, dass es sich unbedingt um Politik dreht. Aber natürlich ist da einiges von drin.

Nick: Liegt vielleicht daran, dass Du generell sehr kritisch bist.

Paul: Ja, ich bin wirklich kritisch. Ich bin sehr bitter, aber versuche positiv zu bleiben.

Jöran: Ist es als Band denn wichtig in den Texten kritisch zu sein?

Paul: Ich denke, es liegt an der Art der Band. Wir als Band und Individuen sind sehr kritisch. Auch gegenüber den Mitgliedern der Band. Und ich denke das ist sehr gut und kein Handicap. Es hilft uns sehr, bessere Songs zu schreiben und funktioniert auch besser. Es ist mehr wie eine Familie. Man kennt das ja, dass die eigene Familie viel kritischer mit einem umgeht. Und so ähnlich ist das bei uns auch. Aber jeder von uns hat auch seine Meinungen und ist intelligent genug um eine starke Meinung zu haben und auch so zu vertreten, dass andere nicht verunsichert werden, sondern, dass es zu einer Diskussion kommt.

Nick: Wir diskutieren eine Menge...

Paul: Ja, das stimmt.

Jöran: Also ist der Haupteinfluss für die Texte dein Leben?

Paul: Ja, würde ich so sagen.

Jöran: Ok. Eine EP und LP in so kurzer Zeit zu schreiben scheint ne Menge Arbeit zu sein. Schreibt ihr dann überhaupt schon neue Sachen?

Paul: Ja, tun wir. Wir arbeiten zurzeit an 3-4 Songs. Hier natürlich nicht, aber sobald wir wieder zu Hause sind, werden wir an ihnen weiterarbeiten.

Nick: Die eigentliche LP wurde aber auch schon 2006 geschrieben und dann in 2007 aufgenommen...

Paul: ...und 2008 erst veröffentlicht.

Nick: Ja, wir haben es 2007 aufgenommen, nachdem wir die Songs schon ein Jahr gespielt hatten. Dann haben wir sie umgeschrieben und wieder ein Jahr gespielt, bis sie veröffentlicht wurden. Und dann haben wir letzten Februar und März die EP aufgenommen. Das war eine Sammlung von Songs, die wir nach ein paar Wiederholungen der anderen Songs geschrieben haben. Die Release-Daten mögen so wirken, als hätten wir jede Menge getan..

Paul: Wir haben eine Menge getan, aber das war auch viel Touring ohne eigentlich ein Album zum haben. Wir hatten zwar so nichts zu unterstützen, aber wir wollten touren. Wir wollten dabei darauf warten, dass wir etwas zu veröffentlichen haben. Also etwas anderes als das erste Demo. Mit nem 5 Song Demo kann man nicht soo viel machen, da es auch eine sehr limitierte Auflage hatte.

Jöran: Ich hab ja das Interview mit Nick auf Punknews.org gelesen. Da sagtest Du, dass Du sehr aufgeregt wärest nach Europa zu kommen. Wie gefällts Dir?

Nick: Es ist großartig. Ich denke die Kultur für Bands und Musik ist hier fantastisch. Es ist total anders als in den Staaten. Da touren wir, wenn wir unsere Platten haben und buchen fast alle Shows selbst. Manchmal wirkt es so, als wäre die Kids da drüben nicht so begeistert weil sie so gesättigt sind, da es so viel Musik gibt und so viele Bands auf Tour gehen. Viele Stätte werden ein wenig apatisch.

Paul: Ich denke ein großer Unterschied zu den Staaten ist hier diese große Organisation bis ins unterste Level. Sogar die kleinsten Shows sind unglaublich organisiert. Und es gibt eine riesen Community, die dies unterstützt. Da waren einige Shows hier, zum Beispiel an einem Montag Abend. In den Staaten wäre das wie ein Selbstmord für eine Band gewesen, da man vor niemandem gespielt hätte. Aber hier war richtig was los und die Band wurde unterstützt. Es gab keine Problem. Die Leute waren einfach super organisiert. Es gab Essen für die Band... Es ist wirklich diese Organisation, die in den Staaten fehlt. Entweder spielst du in einem großen Club und wirst wirklich gehätschelt oder spielst in irgendeinem Keller oder in einer Bar, wo du reinkommst und so eine Raunen hörst: "Was wollt ihr denn hier? Müssen wir eure Musik jetzt wirklich 45 Minuten ertragen?" Es ist sehr anders hier. Ich hab hier das Gefühl, dass die Leute Bands mehr anerkennen. Die ganze Atmosphäre ist wesentlich positiver.

Jöran: Nick sagte ja auch, er wolle ein bisschen Geschichte einatmen und Orte besuchen, wo Dichter und Denker lebten. Hattet ihr bisher Zeit dazu?

Nick: Oh, nee. Leider nicht.

Tony: Wir waren an dieser Kathedrale.

Nick: Ja, in Aachen haben wir uns den Dom angesehen. Aber sonst... Wir sind ein bisschen rumgelaufen. Da kann man ja auch schon viel aufnehmen. Leider lässt einem das Tour-Leben nicht soviel Zeit für Sightseeing.

Paul: Hm, das Interesse war aber auf jeden Fall da. Ich habe immer versucht da mit den Leuten zu reden. Besonders mit der Belegschaft der Venues. Da konnte man immer viel über die Geschichte der Gebäude rausfinden, in denen man spielt. Oder auch der Umgebung, in der es liegt. Gestern Abend in Braunschweig war es interessant, da das Gebäude früher genutzt wurde um Teile für Brotmaschinen und Teigmaschinen herzustellen. Die Fabrik wurde dann im 2. Weltkrieg genutzt um Flugzeugteile herzustellen. Und in der Stadt hat Hitle zum Beispiel seine deutsche Staatsbürgerschaft bekommen und in einer Halle in der Nähe eine Rede gehalten. Das ist eine Menge interessante Geschicht, die nur im Umkreis dieser Location stattfand. Das ist so die einzige Chance, die wir hatten, ein wenig über die Geschichte der Städte zu erfahren. Also uns auf die Menschen zu stützen, die die SShows organisiert haben. Hey, das sind die Einwohner und die haben so viel Informationen. Und alles ist hier soviel älter. In den Staaten spielst Du häufig in Läden, die manchmal nicht viel älter sind als wir. Es gibt also keine Geschichte. Aber hier gibt es häufig Stories über die Läden, die man stundenlang erzählen könnte. Was es früher einmal war und wie es das geworden ist, was es jetzt ist. Das ist immer sehr interessant und für solche Sachen ist auch immer Zeit. Man kann leider nicht Tourist und in einer tourenden Band gleichzeitig sein. Man muss so einen Mittelweg finden.

Jöran: Dann ist es für euch ja sehr schade, dass ihr ein paar Monate zu spät kommt um im alten FZW zu spielen.

Paul: Ja, das haben wir schon in einigen Städten gehört. Es wirkt auf mich auch so, dass ihr auch zwischen den Städten sehr verbunden seid. Jeder weiß immer, was wo so abgeht.

Nick: Sowas gibt es in den Staaten eigentlich nicht.

Tony: Da sind die Städte aber auch viel weiter auseinander.

Paul: Ja, das stimmt.

Nick: Hm, ich habe hier auch Leute getroffen, besonders in UK, die die gleichen Leute in den Staaten kannten, die ich auch kannte. Ich glaube, der Underground ist insgesamt sehr verbunden. Das ist total cool.

Jöran: Gibt es den irgendwas, was ihr definitiv sehen wolltet, aber es nicht geschafft habt?

Nick: Nichts spezielles. Wie Paul schon sagte, waren auch viele interessante Venues dabei. Der Bunker in Aachen zum Beispiel. Ich kenn das Tourleben ja, deswegen hab ich mir auch keinen Sightseeing-Plan gemacht. Wenn ich einen Plan gemacht hätte, wäre ich wahrscheinlich nur enttäuscht gewesen.

Tony: Wir stehen ja auch nicht so früh auf...

Nick: Kannst Du denn was empfehlen?

Jöran: Hm, in Dortmund kann man sich natürlich immer das Stadion angucken, die Westfalenhallen. Vielleicht noch ein paar ältere Sachen, die Steinwache zum Beispiel ist sehr interessant.

Nick: Ich freu mich ganz besonders auf Dresden. Vor allem seit ich Schlachthof 5 gelesen hab. Das wird bestimmt interessant. Berlin natürlich auch. Wird bestimmt noch sehr interessant.

Autor: Jöran Kuschel

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