Scruffy Wallace (Dropkick Murphys) - 31.03.2008

Ziemlich genau ein Jahr nach dem Konzert in der Weststadthalle in Essen hatte ich, dank Dennis, diesmal die Möglichkeit im Rahmen des Konzertes im Palladium ein Interview mit einem der Murphys zu führen. Mein Interviewpartner war mir schon bekannt; 2. Inteview mit den Murphys, das zweite mit Scruffy. Vielleicht werden wir ja nochmal gute Freunde...

Jöran: Okay, nach jetzt 6 Monaten, bist Du immer noch zufrieden mit "The Meanest of Times" oder gefällt es Dir nicht mehr so sehr? Wie ist Deine Meinung über das Album heute?

Scruffy: Hm, ich denke, das ganze läuft immer noch sehr gut. Wir hatten hervorragende Reaktionen auf "Meanest of Times" und es scheint so als würde das alles noch mehr an Fahrt aufnehmen, als langsamer zu werden. Wir sind alle sehr stolz auf das Album und sind der Meinung, dass es vielleicht das Beste ist, was wir jemals gemacht haben. Die Zusammenarbeit der Musiker, alte wie neue... Also ich bin sehr stolz darauf und weiß, dass die anderen es genau so sehen. Und ich denke mal, das ist das Wichtigste...

Jöran: Wo siehst Du es in der Entwicklung der Band, oder anders, siehst Du eine Entwicklung weg von Sachen wie "Sing loud sing proud" hin zu mehr "erwachsenen" Sachen, oder auch mehr Rock'n'Roll?

Scruffy: Ja, ich denke, dass es ein wesentlich "erwachseneres" Album ist. Weißt du, es ist zwar lustig Songs darüber zu singen, dass man dauernd säuft und in Bars rum hängt, aber irgendwann kommt der Punkt, wenn man älter wird, dass andere Dinge wichtiger werden. Deine Familie, Freunde, Menschen, die du verloren oder geliebt hast. Und diese Dinge werden je älter du wirst eben dominanter in deinem Leben. Daher würde ich sagen, MOT ist das "erwachsenste" was wir bisher getan haben.

Jöran: Wie läuft das Songwriting bei euch ab? Ist das alles mehr oder weniger Kens Aufgabe, oder seid ihr alle irgendwie daran beteiligt?

Scruffy: Nee, wir sind ja eine Band mit sieben Mitgliedern, die alle ihre eigenen Ideen haben. Jeder von uns schreibt, egal ob Musik oder Lyrics. Manchmal ist es so, dass einer nur eine Zeile schreibt und wir daraus einen Song entwickeln. Andere schreiben ihre Stücke ganz. Natürlich schreiben Ken und Al das meiste Material, aber jeder von uns trägt seinen Teil zu den Songs bei. Das Ergebnis ist ja etwas, für das wir alle stehen und deshalb nehmen wir alle am Schreiben und an der Entwicklung des Ergebnisses teil.

Jöran: Warum hat Marc die Band verlassen?

Scruffy: Ich denke, Marc wollte einfach einen neuen Weg gehen. Er hat eine andere Band, "Gimme Danger", mehr Rock'n'Roll. Sicher, er war sieben Jahre in der Band, hat damals mit 17 angefangen und er wollte einfach mal ne andere Facette erleben. Wir wünschen im das Beste, da bestehen keine Animositäten, es war einfach das, was er tun wollte.

Jöran: Weißt Du etwas darüber, was er in Zukunft machen wird? Ne Platte oder so?

Scruffy: Ich bin sicher, dass The Kid immer irgendwie was mit Musik machen wird. Was er in Zukunft macht? Weiß ich nicht, aber ich freue mich auf jeden Fall drauf.

Jöran: Gibt es einen Grund für die vielen Line-Up-Wechsel bei den Murphys?

Scruffy: Hm, dieser Lifestyle braucht Zeit, bis man sich an ihn gewöhnt hat. Und nach einer Zeit fängt es an, dich auszulaugen. Du beginnst einfach deine Familie zu vermissen, deine Freundin, deine Frau, deine Kinder. Und manchmal wollen Leute einfach ihre Fühler ein bisschen mehr ausstrecken und etwas anderes versuchen.

Jöran: Wie fühlt es sich an, eine Europa-Tour vor ausverkauften Hallen zu spielen? Ihr habt ja hier auch in eine größere umziehen müssen.

Scruffy: Naja, wie soll es sich anfühlen? Wir sind total aufgeregt und begeistert deswegen. Es ist der Hammer, wie uns die Leute in Europa aufnehmen und nach 12 Jahren immer noch zu unseren Konzerten kommen. Es ist überwältigend nach Europa zu kommen und in so großen Hallen Shows zu spielen. Und, je mehr Leute kommen, desto größer wird die Party.

Jöran: Glaubst Du, dass das immer noch ein Seiteneffekt davon ist, dass "Shipping up to Boston" in Departed zu hören war?

Scruffy: Das Ding mit Departed ist, dass es uns offensichtlich eine Fanbase gebracht hat, die unsere Musik vorher nicht kannten. Und man sieht dann auf Konzerten so ne Art "old crowd" und "new crowd". Aber die Basis ist immer noch die Gleiche, Leute, die eine schöne Zeit haben wollen, Musik hören wollen, Party mit ihren Freunden machen wollen, Spaß haben, hoffentlich...

Jöran: Kommt ihr eigentlich immer Sommer noch für Festivals zurück?

Scruffy: Ich glaube, ja. Im August oder so?!

Jöran: Habt ihr da eins mit Flogging Molly zusammen?

Scruffy: Keine Ahnung, kommen die? Also ich wüsste nicht. Aber ich bin recht sicher, dass wir zurück kommen und ein paar Festivals spielen.

Jöran: Wie politisch siehst Du die Murphys? Einige der alten Songs sind ja sehr in der Working Class verwurzelt.

Scruffy: Ja, das ist das, was wir wo wir immer ehrlich zu uns bleiben wollen. Wir versuchen unsere Wurzeln in der Working Class beizubehalten, weil es das ist, was wir sind und wo wir herkommen. Wir haben alle einen Working-Class-Background. Die meisten von uns sind in der Gewerkschaft oder Arbeiter. Das ist definitiv ein Teil von dem, was wir sind. Aber wenn es und Politik geht... Das Problem ist halt, dass man da schnell in eine Falle tappt. Wir versuchen da so klar wie möglich zu bleiben, denn alles woran wir glauben ist die Working Class. Politik ist einfach ein Geschäft, in dem Du sehr schnell untergehst.

Jöran: Also wird man von euch keine Wahl-Empfehlungen hören?

Scruffy: Sobald es mit Wahlen anfängt ist es so, dass Menschen sich ihre eigenen Meinung bilden sollten und ihre eigenen Entscheidungen treffen sollten. Nur weil wir quasi auf einer anderen Stufe stehen, sind wir ja nicht besser als sie. Menschen haben ihre eigene Meinung und Entscheidungen zu treffen. Daher wäre es nicht richtig, unserer Meinung nach, unsere politischen Einstellungen anderen aufdrücken zu wollen.

Jöran: Ihr würdet demnach keine Kampagnen unterstützen, wie es andere Bands ja tun?

Scruffy: Nein, auf keinen Fall. Wir wünschen allen Glück. Möge der Beste gewinnen. Oder auch die Beste.

Jöran: Welche Einflüsse hattest Du? Welche Musik hörst Du gerne?

Scruffy: Ich? Ich persönlich hab mit Hardcore angefangen, Sick of it All, Judge, Gorilla Buiscits, Minor Threat und bin dann zu härteren Sachen gewechselt. Slayer, Hatebreed, Sworn Enemy und so. Du siehst, ich mag eine Menge Hardcore, aber natürlich auch andere Sachen, Blues, Jazz, Rock'n'Roll. Das ist ja das Schöne an uns, dass wir alle so viele unterschiedliche Sachen hören und daher so viele Einflüsse auf unsere Musik haben.

Jöran: Eine Frage noch... Wieso fängt man an Dudelsack zu spielen? Ist ja nicht so das beliebteste Instrument bei Jugendlichen...

Scruffy: Das liegt, glaub ich, an meinem schottischen Background. Ich habe damals angefangen es zu lernen, weil meine Großeltern und Eltern meinten, ich sollte ein Instrument aus unserer Heimat lernen. Deshalb habe ich mit Dudelsack und Tin Whistle angefangen und dann nicht mehr aufgehört.

Autor: Jöran Kuschel

Konzert-Tipp der Redaktion: